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Rosenvermehrung: Lasst uns Rosenkinder machen!

Natürlich ist die Rosenvermehrung, die „Herstellung“ neuer Rosensorten, eine ernste, kostenintensive Arbeit für Profis. Dort werden hunderttausende Sämlinge pro Jahr gezogen, die vorher nach allen Regeln der Kunst künstlich befruchtet worden sind. Und von denen bleiben dann vielleicht etwa fünf Stück, die eine wirkliche, angemeldete und vermarktete neue Sorte werden. Deshalb denken wir Garten- und Rosenliebhaber doch schnell mal, Rosenvermehrung, das ist nichts für uns.
Meist ist es sogar noch schlimmer, was unter uns so gedacht wird – ich denke manchmal, mit den Rosenkindern ist es so wie mit der lila Kuh – daher kommt die Milchschokolade. Und Rosenkinder – keiner weiß woher die kommen und schon gar nicht, dass man sie genauso machen kann, wie man seine Radieschen und seinen Salat und seine Gretel im Grünen macht: durch aussäen!

Die Methoden zur Rosenvermehrung

Nun gibt es viele verschiedene Methoden, mit dem Säen zu verfahren. Man kann sich das vielleicht ähnlich vorstellen wie bei Gurken – manche säen sie einfach direkt ins vorbereitete Land im Freien und ernten dann, oder auch nicht, leckere Gurken. Andere ziehen ihre Gurken schon früh im Warmen vor, damit sie eine frühere Ernte erhalten. Wieder andere gar veredeln ihre kostbaren Gurken auf andere Unterlagen, um sie wüchsiger zu machen.
Solche Abstufungen, und zwar viele, gibt es natürlich auch beim Rosenaussäen. Zwei dieser Möglichkeiten möchte ich hier gern vorstellen, weil die eine leicht zu machen ist und Lust auf mehr macht und weil die andere schon etwas ernsthafter und intensiver ist. Sie wird diejenigen ansprechen, die es immer etwas genauer nehmen und einen kleinen Hang zum „Wenn, dann richtig“ haben. Für die Perfektionisten unter den zukünftigen Rosenschöpfern hier gibt es dann nur noch links…

Rosenvermehrung durch Hagebutten mit Potential

Also gut, es war einmal ein Frühling (ich denke es war etwa 1995) da ging ich zum Rosenschneiden in den Garten. Ich sah mir die zahlreichen Hagebutten an, die noch an den Enden der Zweige saßen. Ich hatte gerade Radieschen im Frühbeet gesät und Salat in Schalen und war noch voll im Aussat-Modus. Also gab ich meiner Neugier nach und pulte diese dunklen, eingeschrumpelten, aber etwas schmierigen Hagebutten aus. Es waren Hagebutten der Rose „Hansa“. Und da kamen tatsächlich zahlreiche Kerne zum Vorschein. Ich nahm die Kerne von 3-4 Hagebutten und säte sie in einem Gefäß aus, stellte es draußen in eine Ecke und hatte sie auch schon vergessen.

Hagebutten zur RosenvermehrungRosensamen zur Rosenvermehrung

Vier Wochen später, als ich mal wieder am Räumen war, fiel mir die Schale in die Hände. Ich nahm sie mit dem Rest der pikierten Salatpflanzen etc. ins ungeheizte Gewächshaus, denn wir haben in unserem Haus keinen so hellen und warmen Platz, dass es fürs Aussäen wirklich reichte. Ganze 5 Tage später keimte dort etwas in meiner Schale.

Was keimt denn da?

Da ich keine Aussaaterde genommen hatte und schon einmal beim Umräumen das gekeimte Unkraut entfernt hatte, war ich schnell versucht, dieses Unkraut auch auszumerzen. Aber in der Regel kenne ich meine keimenden Unkräuter. Dieses Gebilde jedoch hatte ich noch nie gesehen. Es hatte zwei dunkelgrüne, dicke, glänzende, gewölbte Keimblätter. Ich dachte, es könne – außer einer Rose – vielleicht ein Gehölzsämling sein. Beim noch genaueren Betrachten entdeckte ich die winzigkleinen stacheligen Härchen an den „Beinen“ des Sämlings. Sofort war ich der Überzeugung, dass es ein kleines Rosenkind sei. Und, was soll ich sagen: es stimmte ;-). Fünf weitere kleine Rosenkinder erblickten  das Licht der Welt in diesem Jahr, aber dann endete meine Fürsorge mit dem Ende der Aussat-Saison. Das Gefäß trocknete aus und es war vorbei mit der Rosenvermehrung.

Rosenbabies aus der Rosenvermehrung Rosenkeimling

Die kleinen Hansakinder wurden große Sträucher, zumindest zwei davon, die anderen waren schon davor meiner mangelnden Fürsorge, die auch aus dem Mangel an Platz entstanden war, zum Opfer gefallen. Nach Jahren habe ich die beiden Rosen verschenkt.

Anzuchtbeet zur Rosenvermehrung

Noch einfacher ist es, die Nüsschen im Freien auszusäen und feucht zu halten. Das sollte aber weniger im Gemüsebeet oder an anderen Plätzen, die dem Wandel unterliegen, geschehen, denn es kann durchaus sein, dass ein weiterer Teil der Nüsschen im darauf folgenden Jahr noch keimt.

Anzuchtbeet zur Rosenvermehrung Rosensämlinge

Als ich mehr Platz bekam bzw. mir einen zweiten Garten suchte, kam mir die Rosenvermehrung wieder in den Sinn. Ich hatte inzwischen so viele schöne, meist ungeschnitten gebliebene Rosen. Und alle kreuzten sich munter im Laufe der Blütezeit. Das ergab so viele potentielle, wunderschöne, nie geborene Rosenkinder! Ich dachte mir: Ach, dann versuche ich es doch noch einmal!
Nun waren hier auch etliche empfindlichere Rosen, Teehybriden zum Beispiel und öfterblühende Strauchrosen dabei.

Künstlicher Winter

Nun ist es so, dass im Laufe des Winters in den Hagebutten Stoffe gebildet werden, die die rasche Keimung der Rosennüsschen verhindern.

Dies kann man umgehen, indem man die Hagebutten, wenn sie reif sind oder wenigstens gut auf dem Wege der Reifung, im Herbst vor den ersten stärkeren Frösten erntet. Dann ein wenig kühl, nicht zu feucht und nicht zu trocken lagert, auspellt und die Nüsschen dann 4-6 Wochen bei ca. 4-8 Grad in den Kühlschrank legt. Damit (mit dieser sogenannten Stratifizierung) umgeht man die Freisetzung der keimhemmenden Stoffe, aber ermöglicht den zur Keimung häufig nötigen Kältereiz.

Im Kühlschrank haben sich bei mir zwei Verfahrensweisen bewährt. Die erste ist, in kleinen verschließbaren Dosen in ein Sand-Aussaaterde-Gemisch auszusäen und diese Dosen dann in den Kühlschrank zu stellen. In diesen Dosen können sie dann bis zum Pikieren weiterkultiviert werden. Dazu die Schalen einfach warm stellen, und nach der Keimung, auch hell. Die andere, platzsparendere Alternative, ist die von mit inzwischen hauptsächlich angewendete Methode. Dazu werden die verschiedenen Nüsschen in sehr wenig feuchten scharfen Sand gelegt. Und anschließend in einer kleinen, sorgfältig verschlossenen Plastiktüte im Kühlschrank verstaut. Bei beiden Methoden ist wichtig – regelmäßig zu untersuchen, ob nicht ein paar voreilige Keimlinge schon im dunklen Kühlschrank auf Licht warten.

Stachelbeinige Keimlinge

Sämlinge aus der Rosenvermehrung Rosensämlinge

Haben sich dann nach einigen Tagen oder Wochen die kleinen stachelbeinigen Nachkömmlinge eingestellt, sollte man sie vorsichtig pikieren. Der richtige Zeitpunkt ist, sobald sie nach den Keimblättern das erste Blattpaar schieben oder geschoben haben.

Bei schwachwachsenden Röschen bietet sich Topfkultur an, bis sie draußen alleine zurechtkommen. Wenn man sie im Freiland weiter beobachtet, kann man sie auspflanzen wenn sie etwa eine Größe von 10 cm erreicht haben.

Rosenvermehrung mit Topfkultur Rosensämling im Topf

Blühender RosensämlingNachkömmlinge von einmalblühenden Rosen wie Gallicas sind am einfachsten zu ziehen. Sie brauchen aber meist ein paar Jahre, bis sie blühen, manchmal sind sie auch schneller und blühen schon im zweiten Jahr. Ramblersämlinge sind sehr einfach zu ziehen, sie sind sehr fruchtbar, können aber zwischen 3 und 7 Jahren brauchen, bis sie das erste Mal blühen.
Bei Nachkommen von „Edelrosen“ kann man sich schon mal erschrecken, wie schnell das geht mit der Blüte.

Früh blüht, was eine „Edelrose“ werden will

Manchmal zeigen sie die erste Blüte, wenn sie gerade mal 10 cm hoch sind!

Noch ein Wort zur ersten Blüte oder zum ersten Blütenjahr. Die erste Blüte ist nur eine Andeutung davon, was einmal daraus werden kann. Die Farbe kann man erahnen, aber die Blüten sind z.B. meist weniger gefüllt als sie später sein werden.
Als letztes noch der Hinweis, dass die Chance, dass aus einem Nüsschen eine Rose wird, mit der Perfektion der Aussaat zunimmt. Also kann man sagen, je weniger Arbeit man sich macht, desto mehr Hagebutten sollte man nehmen. Ich schätze, dass bei dem Aussäen von einigermaßen robusten Rosen im Freiland bei gleicher Ausbeute gegenüber dem Aussäen im behüteten, desinfizierten, stratifizierten und antifungizierten Zustand etwa die doppelte Menge an Nüsschen nötig sind. Wenn Sie nach den ersten Erfolgen selber gezielt kreuzen wollen, wird es natürlich interessanter, diesen Aufwand zu betreiben. Da Sie dann eine erheblich geringere Menge an Hagebutten mit den gewollten Merkmalen haben müssen als wenn Sie es just for fun und mit Neugierde auf die Zufallssämlinge tun.

Etwas ganz Wichtiges noch zum Schluss. Hagebutten kann nur ernten, wer die auch mal die Finger von der Schere lässt, wenn er eine verblühte Rosenblüte sieht.

Und bei so prächtigen Hagebutten juckt es kann einem doch glatt in den Fingern mal zu schauen was wohl daraus wird, oder?

Hagebutten einer Moosrose Hagebutten

Und nun – viel Spaß bei der Rosenvermehrung!

Ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen, aber – meine bisherigen Kinder werden ganz sicher keine ADR-Prüfung gewinnen. Und auch nicht als herausragende Neuzüchtungen prämiert werden. Aber ich finde sie natürlich wunderschön und manche können auch mit anderen gekauften Rosen, die ich habe, durchaus mithalten. Und wenn Sie einverstanden sind, zeige ich Ihnen noch ein paar Bilder aus meinem Rosenkinderfamilienalbum.

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